An dieser Stelle finden Sie Fragen auf
Antworten, die uns häufiger gestellt werden:
1. Wie reagiert die
Herzratenvariabilität (HRV) auf starke körperliche Belastung (wie z.B.
einstündigen Sport)?
Die HRV reagiert hoch sensibel
auf unterschiedlichste Belastungen, insbesondere auf körperliche
Anstrengung. Mit steigendem Puls ("sympathikotoner Zustand")
sinkt sie. Anschließend bleibt sie noch so lange erniedrigt, bis sich
der Körper weitgehend erholt hat. Das kann (je nach geleistetem Pensum)
bis zu 24 Stunden dauern. Sollte sich die HRV dann immer noch nicht
normalisiert haben, kann dies auf einen
"Übertrainingszustand" hinweisen. Meist fühlen sich die
Betroffenen dann auch müde und ihr Zustand verschlechtert sich bei
weiterem Training. Regelmäßige HRV-Messungen eignen sich deshalb dazu,
"Übertrainingszustände" relativ rasch zu erkennen und ihnen
durch ausreichende Pausen bzw. Anpassung des Trainingspensums zu
begegnen.
2. Unterliegt die HRV
Tagesschwankungen?
Ja. Insbesondere ist ein
Tag-Nacht-Rhythmus zu unterscheiden, wobei tagsüber der Einfluss des
Sympathikus und nachts derjenige des Parasympathikus vorherrscht. Davon
abgesehen schwankt die HRV auch je nach Schlafstadium, was einige
Schlafforscher sogar dazu bewegt hat, Schlafstadien nach der HRV
einzuteilen. Hormone scheinen ebenfalls Schwankung der HRV im
Tagesverlauf auslösen zu können.
3.
Wie lassen sich Störeinflüsse (Aufregung, Erwartungshaltung)
vermeiden, wie man sie von der Blutdruckmessung kennt
("Weißkittelhochdruck")?
"Weiskitteleffekte lassen sich vermeiden, indem man die zu
untersuchende Person einige Minuten alleine lässt. Die
Aufzeichnung funktioniert, ohne dass es der Anwesenheit eines
Arztes oder sonstigen Spezialisten bedarf. Sollte sich die
Untersuchungsperson überhaupt nicht entspannen können, kann man ihr
Ablenkungsmanöver anbieten (ein paar freundliche Worte bis hin zum kurzen
therapeutischen Gespräch, 3 Kniebeugen, Beruhigungsmusik, eine Dia-Show
...).
4.
Wie sollte man im Falle einer eingeschränkten HRV weiter verfahren?
Personen,
die sich "entspannen konnten" (siehe Frage 3) und dennoch eine
eingeschränkte HRV aufweisen, sollten einen Arzt darauf ansprechen und
ihm gleichzeitig ihre derzeitige Medikation sowie frühere oder
bestehende Erkrankungen mitteilen. Wie bei allen auffälligen Befunden
ist es sinnvoll, die Untersuchung zu einem späteren Zeitpunkt zu
wiederholen, um so situationsbedingte Einflüsse (Störgrößen)
auszuschalten. Sollte sich erweisen, dass die HRV dauerhaft
eingeschränkt ist und sollten sich keine offensichtlichen Erklärungen
anbieten (wie etwa der Einfluss von Medikamenten), macht es Sinn,
weitere medizinische Untersuchungen zu veranlassen.
5.
Welche Medikamente können die HRV beeinflussen?
Vor
allem anticholinerge Arzneimittel schränken die HRV ein (also z.B.
Antidepressiva). Eine vollständige Liste existiert bislang nicht.
6. Wie wirkt sich das Alter auf die HRV aus und
welche Referenzwerte kann ich heranziehen?
In verschiedenen Studien wurde
immer wieder gezeigt, dass die Herzratenvariabilität nicht nur vom
Fitnessgrad, dem Geschlecht usw. bestimmt wird, sondern z.B. auch im
Alter abnimmt. In der folgenden Tabelle sind beispielhaft
alterskorrigierte 2,5%-Perzentilen angegeben. Die Werte sind so zu
verstehen, dass nur bei 2,5% der untersuchten Probanden ein kleinerer
als der für das jeweilige Alter angegebene Wert gemessen wird. Dies kann
als Grenzwert für nicht auffällige/auffällige HRV-Befunde angesetzt
werden.
Beispiel 1: Sie messen bei einem
42-jährigen Probanden einen RMSSD in Ruhe von 32,5 ms ("normal" > 8,9 ms)
und 48,3 ms ("normal" > 13,7 ms) bei forcierter Taktatmung.
Interpretation: nicht auffällig.
Beispiel 2: Sie messen bei einem 42-jährigen Probanden einen RMSSD in Ruhe
von 7,5 ms ("normal" > 8,9 ms) und 11,1 ms ("normal" > 13,7 ms) bei
forcierter Taktatmung. Interpretation: auffällig.
Beispiel 3: Sie messen bei einem 65-jährigen Probanden einen RMSSD
in Ruhe von 7,5 ms ("normal" > 4,9 ms) und 11,1 ms ("normal" > 6,9 ms) bei
forcierter Taktatmung. Interpretation: nicht auffällig.
Bitte bedenken Sie aber, dass vielfältige
individuelle Bedingungen (Rauchen, Stress, Infektionen etc.) Einfluss auf
das Untersuchungsergebnis haben können. Bei auffälligem Ergebnis sollten
man also zunächst einen Spezialisten (z.B. Hausarzt) befragen, der kennt
sich aus oder kennt zumindest jemanden, der sich auskennt ... . Umgekehrt
ist natürlich eine "normale" HRV kein Garant für Gesundheit. Sie sollte
vor allem
bei bestehenden gesundheitlichen Problemen nicht den Arztbesuch ersetzen.
Alter [Jahre]
|
RMSSD [ms] in Ruhe (liegend)
|
RMSSD [ms] bei Taktatmung (6/min)
|
15
|
16,0
|
27,3
|
20
|
14.2
|
23,8
|
25
|
12,6
|
20,7
|
30
|
11,2
|
18,1
|
35
|
10,0
|
15,8
|
40
|
8,9
|
13,7
|
45
|
7,9
|
12,0
|
50
|
7,0
|
10,4
|
55
|
6,2
|
9,1
|
60
|
5,5
|
7,9
|
65
|
4,9
|
6,9
|
älter als 65
|
keine Angaben
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keine Angaben
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Aus: Agelink MW, Malessa R, Baumann
B, Majewski T, Akila F, Zeit T & Ziegler D (2001) Standardized tests of
heart rate variability: normal ranges obtained from 309 healthy humans,
and effects of age, gender, and heart rate. Clinical Autonomic Research
11: 99-108.
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